11.04.2019
Hier sitze ich nun also immer noch zuhause mit Kerzen, herzergreifender Musik und einem Tee mit dem passenden Namen „Auszeit“. Die drei freien Tage waren so ganz anders als erwartet.
Ich fühle mich jetzt, da ich morgen wieder arbeiten werde, überhaupt nicht aufgetankt und voller Lebensenergie. Im Gegenteil, ich habe an allen denkbaren Stellen meines Herzens gekratzt und nun habe ich den Salat: offene Wunden, mit denen ich zurück in den Alltag gehe….
Während der Zeit ist mir aufgefallen, was für ein Tabuthema so eine Auszeit ist. Ich neige selbst nicht zu Krankenscheinen und schleppe mich sogar mit einer Angina noch auf Arbeit. Weil das doch irgendwie Stärke beweist. Naja, jetzt habe ich mir das eben mal herausgenommen und musste dabei feststellen, was für ein Eingeständnis der Schwäche dies gleichzeitig war.
Es geht mit der Frage los, warum ich zuhause bin. Ääääh, ich bin zur Zeit überfordert und muss einige Dinge verarbeiten… ?
Es geht weiter: Wie lange bleibe ich denn jetzt zuhause? Wann geht es mir denn wieder „gut“? Also, ich habe mich für morgen entschieden, aber gut gehts mir noch lange nicht. Das war eher so eine rein rechnerische Lösung: drei Tage klingt weniger schlimm als vier, das wäre ja fast eine Woche!
Ja und was mache ich hier eigentlich? Beschäftige ich mich genug mit der Fehlgeburt oder mache ich zu viel im Haushalt? Sollte ich nicht lieber noch einmal spazieren gehen und etwas mehr Lobpreis machen?
Einer Freundin schreibe ich, dass gerade alles sehr durcheinander ist – und das trifft es wohl ganz gut.
Ich glaube inzwischen, dass der schwierigste Teil einer Fehlgeburt (eigentlich jedes Verlusts) derjenige ist, in dem ich mich gerade befinde: wenn es darum geht, wieder normal am Alltag teilzunehmen. Die Welt dreht sich weiter. Dein Ehemann redet wieder von anderen Dingen. Die Arbeit fordert höchste Konzentration. Freunde und Familie drehen sich nicht mehr nur um dich. Du hast keine Entschuldigung mehr dafür, einen Heulkrampf auf der Toilette zu bekommen. Überhaupt müsste es doch so langsam wieder gehen. So wurde ich bereits besorgt gefragt, ob ich denn jetzt depressiv werde. Dabei ist es noch keine drei Wochen her und ich zerreiße mich tatsächlich immer noch bei dem Gedanken, mein kleines Baby ein einziges Mal an mich drücken zu dürfen, ihm einmal ins Gesicht zu schauen, es einmal lachen zu sehen. Ich zähle weiter, in welcher Woche ich nun wäre.
Aber ich möchte nach vorn schauen und bin überzeugt davon, dass der Alltag auch bald wieder seinen Reiz für mich bekommen wird. Vielleicht wird es immer schmerzen, aber es werden neue Dinge kommen, über die ich ausgelassen lachen und bei denen ich jauchzen werde vor Freude. Ich halte daran fest, dass ich ein wunder-volles Leben vor mir habe, und dass mir auch dieses Erlebnis zum Besten dienen wird.
Ich bin gespannt, wie das aussehen wird!